Auszüge einer Rede anlässlich einer Ausstellung von Stefanie Anrig

Dörthe Bäumer, München, Künstlerin und Kunstjournalistin

 

Vielseitigkeit, Beweglichkeit und eine Neugier für nahezu jegliche Facette historischer und zeitgenössischer kultureller Ausdrucksformen, zeichnet die Haltung von Stefanie Anrig als Künstlerin aus.
Trotz ihres umfangreichen Wissens, ihrer facettenreichen Ausbildung und ihrer grossen, bildnerischen Erfahrung ruht sie nicht auf Bewährtem aus, sondern erprobt immer wieder Neues, experimentiert und schafft Situationen, in denen sie Neues erlernt.
Sie sagte mir einmal: «Ich versuche immer wieder an einen neuen Ort zu kommen, an dem ich noch nicht war!»

Stefanie hat nebst den künstlerischen Ausbildungen, an diversen freien Akademien Kurse für Techniken besucht. So verwendet sie in ihren Bildern verschiedene Techniken. Sie arbeitet mit Siebdruck, Holzdruck, Radierung, Fototransfer, Monotypie und Enkaustik. Sie malt nicht nur mit Vinyl- Gouache - Aquarell - und Acrylfarben, sondern auch mit Ölfarben und Bitumen. Sie zeichnet mit Tusche, Bleistiften und Farbstiften in ihre Bilder rein.

Die Spurensuche und das Festhalten von Spuren sind wichtige Bausteine in den Bildwelten von Stefanie Anrig. Als sehr aufmerksame Beobachterin ihrer Umwelt sammelt sie viele kleine Eindrücke: einen besonderen Stein, ein krummes Ästlein, einen Draht am Wegesrand, eine Wolkenformation, eine Lichtstimmung oder aber eine Farbkombination. All das kann Ausgangspunkt für eines ihrer Bilder sein, in denen gelegentlich Gegenständliches angedeutet und bisweilen auch konkret zu erkennen ist. Diese Gegenständlichkeit steht aber nie im Fokus.

Im Mittelpunkt steht die Konstellation der Bildelemente und Farben, der Aufbau von spannenden Bezügen, die Staffelung im Bildraum, die uns hineinlockt und uns die möglichen Geschichten in diesen Bildern entdecken lässt.
Die Bildkonstellationen sind dabei sehr präzise und pointiert gesetzt, lassen in der Betrachtung aber immer auch Raum für eigene Geschichten.

Stefanie malt mit farblich reduzierten Bildräumen. Es ist eine Erholung und eine Wohltat ihre Bilder anzuschauen.
Sie liebt es mit ihren Arbeiten Geschichten zu erzählen, Stimmungen zu erzeugen, Andeutungen zu machen, nicht Bekanntes darzustellen. Sie will berühren, spielen, experimentieren, wieder übermalen, neu finden. Sie malt ohne Plan, lässt es fliessen. Auf dem Deckblatt ihres Künstlertagebuches steht: "Das Wissen loslassen bis Platz ist für das Unerwartete".

Der Mut und der Freiraum, den alle Arbeiten von Stefanie Anrig auszeichnen, ist gleichzeitig eine sehr grossherzige Einladung an den Betrachter, in diese Bildwelten einzusteigen und darin immer wieder Neues zu entdecken.